Lange Jahre berichtete der Journalist Adrian Geiges aus China und Russland. Nun hat er das Land der Fußball-WM als neue Heimstatt gewählt: Brasilien, ein Land im Aufbruch. Geiges recherchiert hautnah. Er übernachtet in Indianerhütten am Amazonas, steht bei VW in São Paulo an der Werkbank, erlebt wilde Partys an der Copacabana und wohnt in einer Favela von Rio de Janeiro, einem Armenviertel, das zwischen Militärpolizisten und Drogengangs umkämpft ist. Doch Brasilien ist längst nicht mehr "Dritte Welt". In wenigen Jahren wird Brasilien einer der neuen Wirtschaftsriesen sein: Ein Gigant erwacht! Erwacht sind auch seine Bürger, die sich gegen korrupte Politiker erheben und ihre Rechte einfordern.
Gutherzig sind vor allem die Armen
Wenn man Adrian Geiges' Buch "Brasilien brennt" liest, könnte man meinen, es gebe in diesem Land keine normalen Menschen, sondern nur Drogendealer, bekehrte Ex-Drogendealer und gutherzige Arme, die unter den steigenden Preisen und der allgemeinen Kriminalität leiden. Und alle leben in Favelas - außer den eingewanderten Gringos, die schotten sich ab. Geiges natürlich nicht, er will ja das wahre Leben dokumentieren, sehen, "was wirklich passiert, und den Lesern davon erzählen". Seine sogenannten "Reportagen" aber sind ungefilterte Erlebnisberichte seiner "Abenteuer" in einem ihm unbekannten Land. Sein Stil ist bestenfalls mittelmäßig, trieft oft vor boulevardesker Sentimentalität und Bemitleidung. Seine Verunglimpflichungen der brasilianischen Aussprache (nein, "hoje" spricht man nicht "oschi"aus) und die falsche Übersetzung eines Demonstranten-Plakats legen nahe, dass es mit den Portugiesisch-Kenntnissen nicht allzu weit her ist. Die ständigen China-Vergleiche sind abwegig - es eint die beiden Länder nur, dass sie zu den sogenannten "BRIC"-Staaten aufstrebender Wirtschaftsmächte zählen, kulturell und historisch haben sie nichts gemeinsam. Geiges hätte ein Buch über China schreiben sollen, da hat er lange gelebt, da beherrscht er die Sprache. Nur leider finden da nicht die großen Sportereignisse der nahen Zukunft statt - ein Zug, auf den Geiges wohl aufspringen wollte: "Ich brach nach Brasilien auf, um das Land der Fußball-WM und der Olympischen Spiele kennen zu lernen und um zu berichten, wie die Kinder dieses schönen Landes gerettet werden." Man sollte dieses pathetische, halbgare Unterfangen nicht auch noch durch den Kauf seines Buches unterstützen.
mhar
"Brasilien brennt - Reportagen aus einem Land im Aufbruch" von Adrian Geiges. Quadriga Verlag, München 2014. 296 Seiten. Gebunden, 19,99 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wenn man Adrian Geiges' Buch "Brasilien brennt" liest, könnte man meinen, es gebe in diesem Land keine normalen Menschen, sondern nur Drogendealer, bekehrte Ex-Drogendealer und gutherzige Arme, die unter den steigenden Preisen und der allgemeinen Kriminalität leiden. Und alle leben in Favelas - außer den eingewanderten Gringos, die schotten sich ab. Geiges natürlich nicht, er will ja das wahre Leben dokumentieren, sehen, "was wirklich passiert, und den Lesern davon erzählen". Seine sogenannten "Reportagen" aber sind ungefilterte Erlebnisberichte seiner "Abenteuer" in einem ihm unbekannten Land. Sein Stil ist bestenfalls mittelmäßig, trieft oft vor boulevardesker Sentimentalität und Bemitleidung. Seine Verunglimpflichungen der brasilianischen Aussprache (nein, "hoje" spricht man nicht "oschi"aus) und die falsche Übersetzung eines Demonstranten-Plakats legen nahe, dass es mit den Portugiesisch-Kenntnissen nicht allzu weit her ist. Die ständigen China-Vergleiche sind abwegig - es eint die beiden Länder nur, dass sie zu den sogenannten "BRIC"-Staaten aufstrebender Wirtschaftsmächte zählen, kulturell und historisch haben sie nichts gemeinsam. Geiges hätte ein Buch über China schreiben sollen, da hat er lange gelebt, da beherrscht er die Sprache. Nur leider finden da nicht die großen Sportereignisse der nahen Zukunft statt - ein Zug, auf den Geiges wohl aufspringen wollte: "Ich brach nach Brasilien auf, um das Land der Fußball-WM und der Olympischen Spiele kennen zu lernen und um zu berichten, wie die Kinder dieses schönen Landes gerettet werden." Man sollte dieses pathetische, halbgare Unterfangen nicht auch noch durch den Kauf seines Buches unterstützen.
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"Brasilien brennt - Reportagen aus einem Land im Aufbruch" von Adrian Geiges. Quadriga Verlag, München 2014. 296 Seiten. Gebunden, 19,99 Euro.
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